Heutzutage erwarten viele Unternehmen Proaktivität von ihren Angestellten. In Stellenangeboten wird diese Sozialkompetenz von Kandidaten verlangt.
Aber was bedeutet es, proaktiv zu sein und zu arbeiten. Denn ich glaube, es handelt sich um eine Fähigkeit, die wir erlernen können, aber es fordert Interesse, Planung und Durchsetzungsvermögen.
Woher kommt der Begriff “Proaktivität”?
Das Wort proaktiv, aus dem Lateinischen pro = für und activus = aktiv, taucht offenbar in den 1930er Jahren in der experimentellen Psychologie auf mit einer anderen Bedeutung, als wir sie heute kennen.
Victor E. Frankl prägte den heutzutage bekannten Begriff 1946 in seinem Buch “… trotzdem Ja zum Leben sagen”. Er beschrieb die Proaktivität oder Eigeninitiative als die bewusste Steuerung unseres Verhaltens und Verantwortungsbereitschaft dafür, anstelle Gründe bei äußeren Einflüssen oder anderen Personen zu suchen. Frankl betonte die Bedeutung von Mut, Durchhaltevermögen, Eigenverantwortung sowie Bewusstsein der Existenz von Auswahlmöglichkeiten, unabhängig von Situation oder Zusammenhang.
Der Begriff der Proaktivität hat sich seit den 1990er Jahren mit dem Buch “Die 7 Wege zur Effektivität” von Stephen R. Covey sowie Büchern über Selbsthilfe, persönliche Entwicklung und Führungsverhalten, die Frankl und Covey zitieren, verbreitet.
Was ist Proaktivität?
Proaktiv sein, bedeutet vorauszuplanen und zielgerichtet zu handeln, um damit die Entwicklung eines Geschehens oder einer Situation zu bestimmen und herbeizuführen. Anstatt also zu warten, dass die Dinge passieren und den Situationen reaktiv zu entgegnen, geht es darum, die Sachen aus eigener Initiative in die Hand zu nehmen und sie zu bewirken. Mit Eigeninitiative arbeiten, heißt zu entscheiden, was wir machen wollen oder wie wir es tun wollen, um so effektiver und produktiver zu arbeiten.
Wie arbeitet man proaktiv
Um auf proaktive Weise zu arbeiten, ist es nötig, eine Reihe von Bedingungen zu erfüllen, die uns erlauben, Ereignissen zuvorzukommen und angemessen zu entscheiden, wie wir unsere Zeit verwenden. Andernfalls können wir in die Trägheit verfallen, lediglich auf Aufgaben und Dringlichkeiten zu reagieren, so wie sie aufkommen.
Kenne deine Arbeit
Deshalb sollten wir an erster Stelle genau wissen, worin unsere Arbeit und Verpflichtungen bestehen und welchen Beitrag sie für das Unternehmen, Kunden und Kollegen leisten. Es ist auch wichtig zu wissen, inwiefern wir eigenständig Entscheidungen treffen können.
Kenne Mission, Strategie und Schwerpunkte
Im Eintrag “Prioritäten setzen, um Rücksicht auf Deine und die Zeit anderer zu nehmen” empfehle ich, sich für die Mission und Strategie des Unternehmens sowie vorrangige Projekte zu interessieren und welche Bedeutung deine Arbeit dafür hat. Dies wird dir helfen, deine Arbeit besser zu orientieren und Entscheidungen über den Einsatz deiner Zeit zu treffen sowie zwischen Wichtigem und Dringendem zu unterscheiden. Um proaktiver zu arbeiten, müssen wir die Schwerpunkte kennen, auf die wir unsere Energie richten sollten.
Proaktivität: plane deine Arbeit voraus
Der nächste Schlüsselpunkt ist, unsere Arbeit mit Vorausschau zu organisieren und zu planen. Somit können wir betrieblichen Bedürfnissen, Projektstufen, die unseren Beitrag erfordern, Besprechungen und Präsentation, die Vorbereitung benötigen, usw. zuvorkommen.
Denke über deine Schwerpunkte und Ziele nach
Ich empfehle, dass du dir jede Woche Zeit nimmst, um deine Schwerpunkte und Hauptziele zu prüfen. Dies wird dir helfen, das Wichtige im Blickpunkt zu halten und deine Arbeit dementsprechend zu orientieren. Also frage dich, welchen Projekten und Aufgaben, die den wichtigsten Zielen dienen, du Zeit widmen solltest.
Prüfe deinen Terminkalender im Voraus
Als Nächstes empfehle ich, dass du am Ende jeder Woche deinen Terminkalender für die nächsten Wochen durchgehst. Auf diese Weise wirst du dir bewusster über Termine, Verpflichtungen und Besprechungen, die Vorbereitung bedürfen.
Möglicherweise hast du eine Präsentation oder ein Angebot vorzubereiten oder benötigst Information von einer anderen Abteilung. Vielleicht solltest du einen Besprechungsraum reservieren und sicherstellen, dass du über die nötigen Mittel verfügst (Beamer, Flipchart, Getränke…). Gegebenenfalls musst du nur herausfinden, wie du zu einer Besprechung kommst und wie lang die Fahrt ist.
Wenn du diese Punkte nicht mit Voraussicht berücksichtigst, riskierst, sie in Eile erledigen zu müssen. Außerdem wirst du eventuell sogar andere dazu zu zwingen, dir zu helfen, sodass sie reaktiv handeln und andere Aufgaben unterbrechen müssen.
Plane deine Aufgaben
Nachdem du deinen Kalender durchgegangen bist und die Dinge notiert hast, die vorzubereiten sind, schreibe alle zugehörigen Aufgaben auf. Denke sowohl an von dir als auch von anderen zu erledigende Angelegenheiten. Nun reserviere Zeit im Kalender für Tätigkeiten, die mehr Zeit in Anspruch nehmen. Andere Aufgaben, die du in weniger als zwei Minuten erledigen kannst, möchtest du vielleicht gleich machen, wie zum Beispiel:
- Die Wegstrecke zu einem Termin herausfinden und in den Kalender kopieren. So weißt du auch gleich die Fahrtzeit und kannst den entsprechenden Zeitpuffer im Kalender vorsehen.
- Einen Besprechungsraum reservieren oder jemanden bitten, dies zu tun, unter Angabe von Datum, Uhrzeit, Anzahl der Teilnehmer, Bedarf an Getränken, Snacks, Technik usw.
Frage benötigte Information im Voraus an
Wie ich schon erwähnt habe, wird es Angelegenheiten geben, bei denen du Information oder den Beitrag von anderen brauchst. Je eher du also darum bittest, desto besser können diese Personen ihre Arbeit organisieren. Außerdem stellst du sicher, die Information rechtzeitig für deinen Termin oder für die Präsentation, das Angebot oder den Bericht, den du vorbereiten willst, zu erhalten.
Mit Unterbrechungen und Dringlichkeiten umgehen
Möglicherweise denkst du, dass dies ja alles ganz gut und schön ist. Aber trotz Planung deiner Arbeit kommen ständig Unvorhergesehenes, Dringlichkeiten und Unterbrechungen auf. Zugegebenermaßen kann es schwer sein, das Wichtige im Blick zu halten, wenn man laufend mit angeblichen Dringlichkeiten unterbrochen wird. Außerdem hilft uns unser lieber Kopf nicht gerade, da er dazu neigt, das Dringende als wichtiger anzusehen, und uns dazu verleitet, es sofort zu erledigen.
Besinne dich auf deine Schwerpunkte und Ziele
Zuvor habe ich empfohlen, dich für die Schwerpunkte und Ziele deiner Firma zu interessieren und deine eigenen festzulegen. Denn sie zu kennen, wird dir auch helfen, dringenden und unvorhergesehenen Angelegenheiten besser entgegenzutreten. Es wird dir nämlich dafür dienen, sie in einen weiteren Rahmen zu setzen und zu bewerten. Hierzu kannst du dir Fragen stellen wie: Ist es wirklich dringender als die wichtige Aufgabe, an der ich arbeite? Macht es Sinn, zu unterbrechen, was ich tue, und mich der Dringlichkeit zuzuwenden? Welche Bedeutung hat die unvorhergesehene Angelegenheit in Bezug auf andere Prioritäten und bis wann ist sie zu erledigen?
Im Eintrag “Prioritäten setzen, um Rücksicht auf Deine und die Zeit anderer zu nehmen” schlage ich vor, dir einen Moment zu nehmen, um die Angelegenheit, mit der du unterbrochen wirst, abzuwägen, und daran zu denken, nach der Frist zu fragen; obwohl die Versuchung groß ist, liegen zu lassen, was wir tun, und das Dringende zu erledigen.
Fehlende Planung auf deiner Seite stellt keine Eile auf meiner Seite dar
Im Arbeitsalltag habe ich gelernt, dass unvorhergesehene Angelegenheiten selten welche sind. Leider liegen sie meistens an einer fehlenden Voraussicht und Planung; also daran, nicht proaktiv und im Voraus zu arbeiten.
Es gibt auch Leute, die dich einfach unterbrechen, weil ihnen gerade etwas eingefallen ist, dass sie von dir brauchen, und es aus dem Kopf haben wollen. Wahrscheinlich haben sie nicht einmal innegehalten, um zu überlegen, ob ein E-Mail gereicht hätte oder wie wichtig oder dringend die Angelegenheit wirklich ist. Wenn sie dir ein E-Mail geschickt hätten, hättest du entscheiden können, wann du es liest und erledigst und ob es nötig gewesen wäre, deine Aufgaben zu unterbrechen.
Ebenso gibt es Unternehmen, in denen sich eine reaktive und mehr schlechte als rechte Arbeitsweise eingestellt hat. Viele beschweren sich, dass sie bei den Unterbrechungen zu nichts kommen, aber sind dann oft die ersten, die es selbst tun.
Schaffe dir Respekt für deine Zeit und Arbeit
Ja, es kann manchmal schwierig sein und scheinen, dass man gegen den Strom schwimmt. Aber deine Zeit den wichtigen Dingen zu widmen und vorrangige Angelegenheiten abzuarbeiten, wird dir Recht, Genugtuung und ein Erfolgsgefühl am Ende des Tages bringen.
Wenn du also das nächste Mal unterbrochen wirst, nimm dir einen Moment, die Bedeutung und wirkliche Dringlichkeit einzuschätzen, und denke daran, nach der Frist zu fragen.
Wenn du an einem vorrangigen Projekt arbeitest, dass deiner vollen Aufmerksamkeit bedarf, schlage ich sogar vor, dem “Unterbrecher” freundlich aber bestimmt zu sagen, dass du ihm/ihr jetzt gerade nicht helfen kannst. Schlage vor, dass er/sie dir ein E-Mail sendet oder zu einer bestimmten Zeit wiederkommt. Wenige Dinge sind wirklich so dringend, dass sie nicht etwa eine halbe oder eine Stunde warten können.
Zusammenfassung
- Proaktivität ist nicht angeboren, sondern kann erlernt werden.
- Proaktiv sein, bedeutet, mit Voraussicht zu planen und zielgerichtet zu handeln.
- Strategie, Schwerpunkte und Ziele zu kennen, macht es leichter, Ereignisse zuvorzukommen und mit Voraussicht zu arbeiten.
- Schätze Unvorhergesehenes und Dringlichkeiten ein, bevor du sie Hals über Kopf erledigst und unterbrichst, was du gerade tust.
- Habe und schaffe dir Respekt für deine Zeit.
Arbeitest du auf proaktive oder reaktive Art?
Schaffst du es, deine Arbeit zu organisieren und proaktiv mit Voraussicht und dem Wichtigen im Blickpunkt zu arbeiten?
Oder bietest du den Aufgaben die Stirn, so wie sie kommen? In diesem Fall denkst du, die Tipps werden dir helfen?
