Das psychische Wohlbefinden basiert auf einer Reihe von persönlichen und sozialen Faktoren oder Dimensionen. Wie gut wir in jedem der Aspekte abschneiden, ist ein Indikator für unser psychisches Wohlbefinden. Schauen wir, wer Carol Ryff ist und woraus das von ihr entwickelte Modell besteht.
Wer ist Carol Ryff?
Carol Ryff ist Psychologin und Professorin für Psychologie an der Universität von Wisconsin-Madison. Sie ist bekannt für ihre Studien über psychisches Wohlbefinden und psychische Belastbarkeit. Sie erstellte eines der ersten systematischen Modelle zum psychologischen Wohlbefinden und entwarf einen Fragebogen zur Bewertung jeder der Dimensionen. Dieses Modell gilt als Vorläufer der Positiven Psychologie und gilt bis heute als sehr gültig.
Was ist Carol Ryffs Modell des psychischen Wohlbefindens?
Die Dimensionen von Carol Ryffs Modell des psychologischen Wohlbefindens hängen, laut ihr, mit größerem subjektiven Wohlbefinden sowie mehr Lebenszufriedenheit zusammen. Es wirkt sich auch auf die körperliche Gesundheit aus, beispielsweise in Form eines niedrigeren Cortisolspiegels (das Stresshormon), eines besseren Schlafverhaltens oder eines geringeren kardiovaskulären Risikos.
Sie definiert psychisches Wohlbefinden durch optimales menschliches Funktionieren, was mehr positive Emotionen und Zufriedenheit erzeugt. Jede Dimension des Modells des psychologischen Wohlbefindens ist ein Index des Wohlbefindens an sich. Aus diesem Grund weist Carol Ryff darauf hin, wie wichtig es ist, sich um jede Dimension zu kümmern.
Die 6 Dimensionen von Carol Ryffs Modell des psychologischen Wohlbefindens
Wohlbefinden ist für Carol Ryff nicht nur Glück oder positive Emotionen. Das psychische Wohlbefinden ist mehrdimensional. Schauen wir, welche diese Dimensionen sind, die Carol Ryff in ihrem Modell entwickelt hat.
1. Selbstakzeptanz
Unsere Selbstakzeptanz beeinflusst stark die Zufriedenheit mit unserem Leben. Sich selbst zu akzeptieren bedeutet, all deine Facetten, deine Persönlichkeit, deine Stärken und Schwächen zu erkennen und anzunehmen. Es bedeutet, eine positive Einstellung zu sich selbst zu haben. Auch heißt es, mit der eigenen Vergangenheit in Frieden zu sein und sich damit wohl zu fühlen.
Mangelnde Selbstakzeptanz bedeutet Unzufriedenheit mit dir selbst, mit deiner Vergangenheit oder mit bestimmten Aspekten von dir selbst. Vielleicht möchtest du anders sein, als du bist.
2. Beherrschung der Umwelt
Diese Dimension bezieht sich auf den Umgang mit Möglichkeiten und Anforderungen der Umgebung, um deine Kapazitäten und Bedürfnisse zu befriedigen. Es bedeutet, dich in der Lage zu fühlen, mit deiner Umgebung und den auftretenden Situationen umzugehen und sie zu bewältigen. Die Beherrschung deiner Umwelt bedeutet auch, die sich bietenden Möglichkeiten auszuwählen und zu nutzen. Sogar Möglichkeiten schaffen, die deinen Bedürfnissen entsprechen und mit deinen Werten übereinstimmen.
Mangelnde Beherrschung der Umwelt führt zu einem Gefühl der Hilflosigkeit. Du fühlst dich nicht in der Lage, alltägliche Angelegenheiten zu bewältigen und dich auftretenden Situationen entgegenzustellen. Noch weniger hast du das Gefühl, Situationen zu deinen Gunsten ändern oder verbessern zu können. Du verpasst Chancen, weil du dich nicht in der Lage fühlst, dich ihnen zu stellen, oder dich ihnen nicht bewusst bist.
3. Autonomie
Autonomie bedeutet, deine persönliche Unabhängigkeit und deine Überzeugungen zu bewahren. Es ist das Gefühl, dass du für dich selbst wählen und deine eigenen Entscheidungen treffen kannst, auch wenn es den Meinungen anderer widerspricht. Daher bedeutet es, sozialem Druck widerstehen zu können. Menschen mit hoher Autonomie wissen ihr Verhalten zu regulieren und beurteilen sich nach persönlichen Maßstäben anstelle nach den Erwartungen anderer.
Menschen mit geringer Autonomie unterliegen dem sozialen Druck. Sie geben sich mit dem zufrieden, was andere ihnen sagen. Auch lassen sie sich von den Kriterien anderer beeinflussen und leiten. Sie sorgen sich über die Erwartungen und Bewertungen anderer. Wenn sie Entscheidungen treffen, vertrauen sie den Urteilen anderer Menschen.
4. Persönliches Wachstum
Persönliches Wachstum bedeutet, sich ständig weiterzuentwickeln und zu wachsen. Es handelt sich um die Suche nach Lernen, neuen Erfahrungen und dem Erreichen deines Potenzials. Es bedeutet zum Beispiel, deine Selbstkenntnis, deine Schwächen, dein Verhalten, deine emotionale Intelligenz und Produktivität zu verbessern.
Mangelnde persönliche Entwicklung oder unzureichendes persönliches Wachstum erzeugen ein Gefühl von Langeweile, Desinteresse und Stagnation. Vielleicht fühlst du dich nicht in der Lage, produktive Verhaltensweisen oder Einstellungen zu entwickeln, um mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen.
5. Positive soziale Beziehungen
Die fünfte Dimension bezieht sich auf unsere Beziehung zu anderen. Hierbei handelt es sich um die Bedeutung zufriedenstellender, vertrauensvoller, naher Beziehungen. Du bist in der Lage, Zuneigung und Intimität zu spüren. Außerdem hast du Empathie und kümmerst dich um das Wohl anderer. Auch verstehst du, dass gute zwischenmenschliche Beziehungen ein Geben und Nehmen erfordern.
Menschen mit niedrigen Werten in dieser Dimension haben nur wenige enge und vertrauensvolle Beziehungen. Es fällt ihnen schwer, Zuneigung zu zeigen, offen zu sein und sich um andere zu kümmern. Daher ist es für sie schwierig, starke emotionale Bindungen aufzubauen, und sie sind nicht bereit, Kompromisse einzugehen. Dies führt zu Frustration, sozialer Isolation und mangelnder Unterstützung.
Hier möchte ich darauf hinweisen, dass wissenschaftlich erwiesen ist, dass soziale Isolation und fehlende soziale Unterstützung die Wahrscheinlichkeit von Krankheiten erhöhen und sogar die Lebenserwartung reduzieren.
6. Lebenszweck
Die letzte Dimension von Carol Ryffs Modell des psychologischen Wohlbefindens ist der Lebenszweck. Es geht um das Gefühl, dass dein Leben sowohl in der Vergangenheit als auch Gegenwart und Zukunft einen Sinn hat. Du hast Überzeugungen, die deinem Leben einen Sinn geben. Auch hast du Träume und Ziele, die du verfolgst. Du hast das Gefühl zu wissen, wohin du willst.
Menschen ohne Lebenszweck empfinden ihr Leben als sinnlos. Sie sehen keinen Sinn in ihrer Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Sehr wahrscheinlich fehlen ihnen Träume und Ziele, die es zu erreichen gilt.
Positive und negative Emotionen
Carol Ryff weist auch darauf hin, dass unsere Beziehung zu negativen Emotionen, das psychische Wohlbefinden stark beeinflusst. Ihrer Ansicht nach wird in westlichen Welt von uns erwartet, mehr positive Emotionen zu fühlen und auszudrücken sowie uns von negativen Emotionen zu befreien.
Es gibt jedoch andere Kulturen, wie beispielsweise Japan, in denen sowohl negative als auch positive Emotionen als miteinander verwoben betrachtet werden. Daher verbessert die Annahme, dass negative Emotionen auch notwendig und wichtige Indikatoren dafür sind, wie wir uns fühlen, unsere Gesundheit und unser psychisches Wohlbefinden.
Wie steht es um dein psychisches Wohlbefinden?
Jetzt wo du Carol Ryffs Modell des psychologischen Wohlbefindens kennst, wie würdest du sagen, dass es um dich steht? Wie gut oder schlecht schneidest du deiner Meinung nach in jeder der Dimensionen ab? In welcher Dimension siehst du Verbesserungspotenzial?
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